Autobiographie Olaf Hoppe geboren 1959 in Rostock
Warum sind sie Künstler geworden – was ist ihre Botschaft?
Ich weiß nicht mehr wann, ich weiß nicht wo und wer diese unbekannte Frau war die mir diese Frage gestellt hat. Doch nun stand diese Frage im Raum und wollte nicht mehr gehen.
Warum ich mir bis zu diesem Zeitpunkt keine Gedanken darüber gemacht habe ist ganz einfach, weil ES schon immer da war.
So erinnere ich mich, dass im schon im Kindergarten nur die Ecke für mich spannend war, in der ich alleine malen durfte. Die Kindergärtner hätten sich viel Ärger ersparen können, wenn sie mich dort allein gelassen hätten. Hinausgeschickt zum Spielen auf dem Rasen, war für mich das Signal über den Zaun zu klettern und abzuhauen.
Ein schlechtes Gewissen kannte ich nicht, sie hätten ja besser aufpassen können denn ich habe sie ja auch aufmerksam beobachtet.
Mein Vater fuhr zur See und meine Mutter die Hungersnöte und Krieg überlebt hatte war es irgendwann leid sich jeden Morgen sich anhören zu müssen wie unmöglich ihr geliebtes Kind sei. Fortan blieb ich zu Hause und konnte ungestört malen.
Der Widerstand gegen einer nicht autorisierten Aufforderungen setzte sich in der Schule und im Studium fort so dass ich kurz vor der Exmatrikulierung stand. Es dauerte ziemlich lange bis ich gelernt hatte unter dem Radar zu fliegen, damit ich mein Ziel erreichen konnte.
Die Götter war mir geneigt und ich bedanke mich heute jeden Tag in dieser Inkarnation.
Bevor ich aber die Chronologie der Ereignisse fortsetze, möchte ich auf meine Ahnen verweisen die mir diese wunderbare DNA zur Verfügung gestellt haben. Und Sie um Inspiration und Hilfe bei diesem Vortrag zu bitte, damit die Absicht und der Grund für die Entstehung dieses Werkes beim Leser wohlwollende Aufnahme findet.
Eltern und Großeltern
1952 – Drei Warnemünder Jungs schleichen sich im Schatten der untergehenden Sonne mit Farbeimer und Pinsel an die Westmole von Warnemünde um die russische Besatzungsmacht in die Knie zu zwingen. Denn wenn das Wort als politische Waffe einsetzt wird dann kann es nur dieser eine Satz sein : Wir wollen keine Oder-Neißegrenze. Da man sich der explosiven Wirkung dieses Anschlages bewusst war wollte man natürlich keinen Fehler machen. Und so überlegten sie sorgfältig wie denn Neiße geschrieben wird. Diese orthographische Schwäche sollte Ihnen zum Verhängnis werden. weiter lesen
Drei Warnemünder Jungs schleichen sich im Schatten der untergehenden Sonne mit Farbeimer und Pinsel an die Westmole von Warnemünde um die russische Besatzungsmacht in die Knie zu zwingen. Denn wenn das Wort als politische Waffe einsetzt wird dann kann es nur dieser eine Satz sein : Wir wollen keine Oder-Neißegrenze.
Da man sich der explosiven Wirkung dieses Anschlages bewusst war wollte man natürlich keinen Fehler machen. Und so überlegten sie sorgfältig wie denn Neiße geschrieben wird. Diese orthographische Schwäche sollte Ihnen zum Verhängnis werden.
Nach acht Wochen Untersuchungshaft stand das Urteil fest. Boykott, Hetze und Gefährdung des Weltfriedens kann nur mit Zuchthaus bestraft werden. Derjenige der geschrieben hat ,bekam zwei Jahre, jener der den Farbtopf gehalten hat ein halbes Jahr weniger und der Jüngste mein Vater( * 10.10.1936 – † 21.05.2008), der das Eingreifen der Roten Armee nicht verhindern konnte, ein Jahr. Gefängnis in Bützow
Damit war die Sicherheit der Oder-Neiße-Friedensgrenze wieder hergestellt und die Zukunft der jungen Leute ungewiss denn was soll man tun mit solch einer kriminellen Vergangenheit.
Eigentlich blieb nur die Fischerei offen. Denn „…Alles was nichts taugt auf Erden ,kann auch Seemann werden, -und wer das nicht kann wird Schauermann. “ Vermutlich hat er an diesen Spruch gedacht als er sich später als Käpten fotografieren ließ . Er war der erste in der Familie Hoppe solch einen hohen gesellschaftlichen Stand erreicht hat.

Sein Vater Herrmann Hoppe hatte bitterarme Eltern die als Tagelöhner auf einen Gutshof in Dargun (Mecklenburg-Vorpommern) arbeiteten. Deshalb hatte Herman Hoppe den unbedingten Willen aus dieser Umgebung herauszukommen und er schaffte es den Beruf des Tischlerszu erlernen. Mit seinem Gesellenbrief sah er die Möglichkeit aus dieser Armut heraus-zukommen und in Warnemünde ein Etagenwohnung mit InnenWC zu beziehen. Mit meiner Großmutter Anna hatte er damit einen Traum erfüllt den sich als Sohn eines Tagelöhner niemals erhofft hat

Herrmann und Anna Hoppe mit Karl Heinz Karl Heiz und Brigitta Hoppe
Meine Großmutter mütterlicherseits Anna Jantke stammt aus der einer gehobenen bürgerlichen Mittelschicht. Ihr Vater war Oberschlossermeister der Stadt Trebnitz. Das bedeutet, er saß an dem Stammtisch, wo nur noch der Apotheker und der Pfarrer und der Bürgermeister Platz nahm. Mein Großvater Joseph Küchler der ebenfalls aus ärmsten Verhältnissen kam, seine Mutter Marta Kuropka war Waschfrau und sein Vater August wurde Invalide, weil er als Handlanger einen schweren Unfall auf der Baustelle erlitten hatte. Dieser Joseph der nicht nur im übertragenden Sinn Kopf kleiner war als die stattliche und wohlsituiert Bürger-Tochter, Hatte sich verliebt und sich das unmögliche vorgenommen sie zu ehelichen. Erst nach dem er unter dem strengen Blick des Schlosserobermeister seinen eigen Meisterbrief erhielt wurde ihm nach langen Werben der väterliche Segen zuteil.
Ob sich das Verhältnis zu den Schwiegereltern danach verbessert hat, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Er nutze die Möglichkeiten die im industriellen Aufschwungs 1933 vorhanden war und zog mit seiner Familie nach Rostock. Dort erhielt er eine Arbeitsstelle als leitender Ingenieur in den Heinkel Werken. Meine Mutter (* 06.10.1937) wurde als fünftes von sechs Kinder geboren. Sie erwarben ein Haus und nahmen trotz der reichen Kinderzahl und beengter Wohnverhältnisse seine Mutter Marta mit auf. Diese war nicht nur eine Unterstützung, sondern sie verteidigte die Mädchen in der Nachkriegszeit als sie vergewaltigt werden sollten. Im reinsten deutsch und mit der Sichel in der Hand erklärte sie den Russen das sie jedem den Schwanz abschneiden würde falls es jemand wagen sollte. Was sie offensichtlich verstanden hatten.
1950
Die Bekanntschaft mit der russische Militärverwaltung machte auch mein Großvater. Eine Woche vor Weihnachten 1950 wurde er mit vorgehaltener Kalaschnikow abgeführt und im Keller des Stasigebäudes vom Militärgericht verurteilt. Als Landtagsabgeordneter der CDU hat er mit seiner parlamentarischen Auffassung das die Gründung einer Einheitspartei gegen Recht und Gesetzt verstößt kein Gehör gefunden. Antikommunistische Kriegshetze und Gefährdung des Weltfriedens waren die Anklagepunkte. Als er darauf aufmerksam machte, dass er als Abgeordneter Immunität besitzt und in Deutschland ein russisches Gericht ihn nicht verurteilen könnte wurde das Strafmaß von 50 Jahren Strafgefangenenlager Sibirien auf 75 Jahren aufgestockt, wegen Missachtung des Gerichts.
Meine Urgroßmutter und Großmutter waren von heut auf morgen mittellos und mussten dennoch sechs Kinder ernähren. Weitere Information
Durch die Bemühungen von Konrad Adenauer wurde er und andere politische Gefangene 1955 freigelassen. Trotz seiner Erlebnisse hegte er keinen Groll auf die Russen, denn bei ausgedehnten Spaziergängen erzählte er mir stundenlang von seinem Lagerleben und den politischen Hintergründen die so ganz und gar nicht dem entsprach was uns im Schulunterricht erzählt wurde.
August Küchler Marta Küchler geb. Kuropka Joseph und Anna Küchler geb.Jantke Karl Heiz und Brigitta Hoppe geb. Küchler
1966-1976 Schulzeit
Nach den Sommerferien dem Beginn der vierten Klasse in der 27.allgemeinbildende polytechnische Oberschule (POS) wird uns eine neue Klassenlehrerin angekündigt. Als Frau Prüter den Raum betritt stellt sich Ernüchterung ein. Mit ihrer Goldbrille und dem hässlichen Leberfleck im Gesicht wirkt sie wie eine Gouvernante. (Kinder sind grausam sie achten nur auf das Äußerliche). Doch sollte es noch schlimmer kommen. Bedeutungsvoll erklärte Sie, dass sie Mitglied der SED ist. weiter Lesen
Nach den Sommerferien dem Beginn der vierten Klasse in der 27.allgemeinbildende polytechnische Oberschule (POS) wird uns eine neue Klassenlehrerin angekündigt. Als Frau Prüter den Raum betritt stellt sich Ernüchterung ein. Mit ihrer Goldbrille und dem hässlichen Leberfleck im Gesicht wirkt sie wie eine Gouvernante. (Kinder sind grausam sie achten nur auf das Äußerliche). Doch sollte es noch schlimmer kommen. Bedeutungsvoll erklärte Sie, dass sie Mitglied der SED ist , verheiratet mit einen Mann der als Richter beim Militärgericht arbeitet und sie hätten keine Kinder. Da sie aber Kinder so sehr liebt habe sie sich entschlossen ein Staatsexamen zu machen damit sie heute, hier unsere Klassenlehrerin sein kann. Nach dieser kurzen Einleitung wurde sie konkret: Wer von euch geht in die Kirche ?
Verwundert, über diese völlig unerwartete Frage, schauten wir uns gegenseitig an. Da meine Vater eine katholisch erzogene Frau geheiratet hat und ihr die Erziehung in die Hände gelegt hatte, blieb mir wohl nichts anderes übrig als aufzustehen. Zwei weitere Kammeraden folgten dem Beispiel sich dem schweigenden Blick der Mehrheit zustellen. Jetzt wurde Kriegserklärung bekannt gegeben. „ Ich verspreche Euch wenn Ihr die Schule verlasst glaubt Ihr nicht mehr an den lieben Gott…“
